Hallo,
ich heiße Gabriele, bin 58 Jahre alt und wohne und arbeite in Berlin. Seit ich erwachsen war, hatte ich taube Zehen und schnell kribbelnde Finger, vor allem auf der linken Seite. Als HNPP wurde das bei mir lange nicht diagnostiziert. Stattdessen wurde ein Vitamin B12-Mangel vermutet, obwohl der Blutspiegel dieses Vitamins noch im normalen Rahmen lag. So erhielt ich jahrelang Vitamin B12-Spritzen. MS wurde durch eine Spinaluntersuchung ausgeschlossen.
Erst eine Freundin, die Genetikerin ist, wies mich auf die Möglichkeit einer erblichen Disposition hin. Der Arzt veranlasste sofort eine genetische Untersuchung und so wurde vor etwa 10 Jahren HNPP diagnostiziert. Was mir gut gefallen hat: Der Arzt hat sich über sich selbst geärgert, dass er diese Diagnose nicht in Betracht gezogen hat und sich noch einmal ein Bild meiner Nervenleitfähigkeit gemacht, um in Zukunft das Krankheitsbild schneller zu erkennen.
Da ich zu jener Zeit und auch danach nur geringe Beeinträchtigungen durch HNPP hatte, habe ich es fast vergessen und konnte gut damit leben.
Vor drei Wochen nun direkt vor Weihnachten hatte ich einen schweren Bandscheibenvorfall mit partieller Lähmung des linken Fußhebers und bin über die Notaufnahme in ein Krankenhaus gegangen. Alle Ärzte (sämtlich Orthopäden) habe ich auf meine HNPP hingewiesen, keiner hatte je davon gehört oder hielt es für relevant. Ich wurde erfolgreich operiert. Erst 12 Stunden nach der OP setzten nachts prickelnde Krämpfe im linken Oberschenkel ein und in der sofortigen Folge eine Verstärkung der Lähmung des linken Fußhebers und, schlimmer, eine weitgehende Lähmung des Glutaeus Medius, so dass ich das linke Bein nur noch eingeschränkt bewegen konnte. Die Reaktion der diensthabenden Ärztin (Orthopädin) hat mich tief herabgezogen. Sie sagte, ich solle nicht so einen Aufstand machen und mich nicht selbst beobachten.
Ich konnte dennoch erreichen, dass mich in den nächsten Tagen Neurologen untersucht haben, darunter eine ältere, erfahrene Neurologin, die als erste mit HNPP genau Bescheid wusste und die partielle Lähmung mit HNPP in Verbindung brachte. Das war ein großer Schritt!
Einen kleinen Kampf gibt es jetzt um die anschließenden Reha-Maßnahmen. Die Orthopäden wollen mich möglichst schnell in eine orthopädische Reha stecken, in Kliniken, von denen mir Freunde aus dem medizinisch-therapeutischen bereit energisch abraten. Ich will in eine ebenfalls zur Wahl stehenden Klinik, die neben einem orthopädischen eben genau einen neuropathischen Schwerpunkt hat und die gut beleumundet ist (Kladow). Der große Nachteil: die Reha kann frühestens in 6 Wochen beginnen. Das wiederum halten die Ärzte für zu spät und setzen mich unter psychischen Druck. Ich hoffe, ich kann stark bleiben, bis ich in zwei Tagen entlassen werde.
Erst jetzt habe ich mich im Internet etwas genauer über HNPP erkundigt. So kann ich jetzt auch meine Neigung zu kleinen kurzen Krämpfen in den verschiedensten Muskeln besser einordnen. Andere Phänomene - Rückenschmerzen zum Beispiel - Kommen wohl eher durch eine unsportliche und nicht sehr achtsame Lebensweise (ich gelobe Besserung).
Der Zustand des Beines zeigt kleine Verbesserungen, es kann mein sehr normales Körpergewicht aber immer noch nicht tragen. Ich kann mit Unterarmgehhilfen lange und ohne Beschwerden laufen und Treppen steigen. Allerdings ist durch die Kraft, die ich in der rechten Hand auf die Gehhilfen ausüben muss, dort die Feinmotorik beeinträchtigt.
Mir ist klar, dass ich bisher relativ glimpflich mit HNPP weggekommen bin. Ich werde sehen, wie sich das jetzt entwickelt.
Das war meine Vorstellung! Ich hoffe, ich war nicht zu ausführlich.
Gabriele